Tempo 30 beibehalten!
Der Senat will wegen Verbesserung der Luftqualität die Anordnung von Tempo 30, die auf Grund von Luftreinhaltung erfolgt war, in einer Reihe von Berliner Hauptstraßen wieder aufheben. Dazu gehört auch die Turmstraße zwischen Strom- und Beusselstraße. Wir haben der Senatorin für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt am 19.2.24 geschrieben, da Tempo 30 nachgewiesenermaßen nicht nur die Luftqualität verbessert, sondern darüber hinaus eine Reihe weiterer Parameter, die Gesundheit, Sicherheit und Lebensqualität beeinflussen, positiv verändert. Am 11.3. erhielten wir von ihrer Senatsverwaltung die Antwort, dass die Prüfung noch nicht abgeschlossen wäre.“
Unser Schreiben an die Senatorin:
Sehr geehrte Frau Senatorin Dr. Schreiner,
mit großem Interesse entnahmen wir der Presse, dass die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt derzeit prüft, auf Grund verbesserter Luftschadstoffwerte eine Reihe von angeordneten Temporeduktionen in Hauptstraßen Berlins wieder zurückzunehmen. Davon betroffen – so war zu lesen – wäre auch die Moabiter Turmstraße zwischen Strom- und Beusselstraße. Um diese geht es in unserem Schreiben.
Wir möchten Sie davon überzeugen, dass die im Herbst 2019 umgesetzte Temporeduktion auf Tempo 30 in der Turmstraße erhalten bleiben muss und führen dafür Argumente aus den folgenden Bereichen an:
1. Wohn- und Geschäftsstraße mit hoher Einwohnerdichte und entsprechend hohem Aufkommen an Fußverkehr
2. Vorhandensein schützenswerter Einrichtungen sowie öffentlicher Institutionen
3. Positive Entwicklung der Unfallstatistik in der Turmstraße
4. Entwicklung der gesundheitsrelevanten Schallpegelbelastungen durch den Straßenverkehr.
Zu 1.:
Die Turmstraße ist die wichtigste Geschäftsstraße zur Nahversorgung in einem mit über 20.000 Einwohnern pro Quadratkilometer außerordentlich dicht besiedelten Gebiet. Vor der Heilandskirche findet regelmäßig ein Wochenmarkt statt. Das Aufkommen an Fußverkehr und in zunehmendem Maße auch an Radverkehr ist entsprechend hoch. Der Querungsbedarf zwischen den Geschäften, dem Markt, der Gastronomie sowie den an und in der Turmstraße vorhandenen öffentlichen Einrichtungen (siehe 2) ist ebenfalls sehr stark ausgeprägt. Nicht umsonst gibt es zwischen den (ebenfalls mit Lichtsignalanlagen gesicherten) Kreuzungen an Strom- und Beusselstraße sechs (!) Lichtsignalanlagen. Zwischen den Ampelanlagen wird auch der überwiegend begehbare Mittelstreifen als Querungshilfe rege genutzt.
Häufige Blockaden der Radangebotstreifen durch Lieferverkehr oder Falschparker führen zu entsprechend häufigem Einfädeln der Radelnden in den fließenden Verkehr und insgesamt zu einem zögerlichen, aber gleichmäßigen Verkehrsfluss, für den Tempo 30 gerade angemessen erscheint und der die Kraftfahrzeugführenden von gefährlichen Überholmanövern mit starken Beschleunigungen abhält, zumal die nächste rote Ampel ja immer schon in Sichtweite ist. Eine Regelgeschwindigkeit von Tempo 50 bedeutete hier höhere Unfall- und Verletzungsrisiken (siehe 3).
Zu 2.:
Das hohe Aufkommen von Fuß- und Radverkehr sowie der hohe Querungsbedarf erklären sich auch durch die in und an der Turmstraße gelegenen öffentlichen Einrichtungen. Zu nennen sind hier
– das Bürgeramt im Rathaus Tiergarten sowie
– das bezirkliche Bildungs- und Kulturzentrum mit einem Standort der Volkshochschule Mitte, der Musikschule sowie der öffentlichen Galerie Nord im Brüder-Grimm-Haus in der Turmstraße 75.
Schützenswerte Einrichtungen befinden sich
– in der Turmstraße 34 (Betreutes Wohnen – Träger: Notdienst für Suchtmittelgefährdete und -abhängige Berlin e.V.)
– in der Turmstraße 63 (Betreute Wohngemeinschaft – Träger: Tiele-Winckler-Haus GmbH)
– in der Turmstraße 67 (Therapeutisch betreutes Einzelwohnen – Träger: die reha e.V.)
– im Jürgen Schlieter Haus der AWO in der Turmstraße 71 (Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderungen, Kindertagesstätte, Seniorenbegegnungsstätte) und
– im Brüder-Grimm-Haus in der Turmstraße 75 (Berlin-Kolleg als allgemeinbildende Schule).
Zu 3.:
Ein Vergleich der Unfallstatistiken der Polizei Berlin für Rad- und Fußverkehr vor und nach Realisierung der Temporeduktion im Herbst 2019 ergibt ein erfreulich deutliches Zurückgehen der Unfallzahlen:
Zwischen Strom- und Beusselstraße lauteten die Unfallzahlen mit Beteiligung von
– Radfahrern im Jahr 2018: 15, im Jahr 2019: 14, im Jahr 2020: 8 und 2021: 8 (Neuere Zahlen sind leider noch nicht im Netz.)
– Fußgängern im Jahr 2018: 7; im Jahr 2019: 3; im Jahr 2020: 2. (Neuere Zahlen sind leider noch nicht im Netz.)
Das Statistikportal Berlin-Brandenburg zeigt zudem auf, dass sich im betreffenden Straßenabschnitt
– die Unfälle mit Personenschäden bezogen auf alle Verkehrsteilnehmer von 2019 (21) bis 2022 (10) deutlich verringert haben.
Zu 4.:
Ein Vergleich der Strategischen Lärmkarten durch den Straßenverkehr zwischen 2017 und 2022 zeigt sowohl bei den dauerhaften Lärmbelastungen L-DEN (Tag-Abend-Nacht-Lärmindex) als auch bei der nächtlichen Lärmbelastung LN (Nacht-Lärmindex 22 bis 6 Uhr) vor allem auch in den nahegelegenen Häuserblocks in den Nebenstraßen der Turmstraße eine deutliche Reduktion der gemessenen Schallpegel. Diese wünschenswerte Entwicklung führt im dicht besiedelten Gebiet rund um die Turmstraße zu einer hohen Anzahl von Anwohnenden, die nun nicht mehr, respektive weniger stark mit gesundheitsrelevanten Lärmbelastungen leben müssen. Auch für die Geschäftsstraße sowie die zahlreichen gastronomischen Betriebe mit neuen Außenbereichen sind die reduzierten Schalldruckpegel ein Gewinn, da sie die Aufenthaltsqualität an der Turmstraße verbessern.
Frau Senatorin, wir freuen uns, wenn sich in unserem zentral gelegenen Gebiet neben den oben aufgeführten wünschenswerten Entwicklungen auch Verbesserungen der Luftqualität nachweisen lassen. Die Temporeduktion hat sich – wie vorhergesehen – als wirksame und kostengünstige Maßnahme zur Verbesserung wichtiger sicherheits- und gesundheitsrelevanter Parameter bewährt, die die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit der Kraftfahrzeuge in der Turmstraße praktisch nicht beeinträchtigt. Diese Maßnahme jetzt wieder auszusetzen, empfänden wir als Rückschritt und als Missachtung grundlegender Bedürfnisse der hier lebenden und arbeitenden Menschen. Wir bitten Sie daher dringend, die Anordnung von Tempo 30 auf der Turmstraße auch zwischen Strom- und Beusselstraße beizubehalten.
Auf Ihre Antwort warten wir gespannt.
Mit freundlichen Grüßen
Christine Pradel
Koordinatorin der AG Mobilität
der Stadtteilvertretung Turmstraße
Jakob Paul Morath
Sprecher
der Stadtteilvertretung Turmstraße